«Ich will, dass mich die Leute erkennen»
Schwimm-Star Antonio Djakovic – und nicht Djokovic
Antonio Djakovic (20) ist der jüngste der Stars einer neuen Schwimm-Generation. Sein Vater hat für seine Karriere den Job aufgegeben und mit ihm erste Medaillen bejubelt. Als Mitglied des «Opel Team Suisse» will Djakovic so richtig durchstarten.
Beim Termin in der Schwimmhalle Uster steckt Antonio Djakovic (19) mitten in einer «Erholungsphase» mit reduziertem Trainingspensum. In der Vorwoche war die WM in Budapest, also wird die Intensität etwas reduziert. Was heisst Erholungsphase bei einem Spitzenschwimmer? «Heute Morgen habe ich nur rund vier Kilometer zurückgelegt.»
Vier Kilometer Schwimmen. 80 Bahnlängen. Für die meisten Schweizerinnen und Schweizer eine Distanz, die sie nicht zurücklegen könnten. Djakovic tut es in reduziertem Tempo, selten gibt er so richtig Gas im Wasser. Was er macht, ist mühelos, elegant – und trotzdem enorm schnell. So viel zum Thema «Erholungsphase».
«Schwimmen populärer machen»
Antonio Djakovic (19) gehört zu den grössten Hoffnungen in einem Sport, in dem die Schweiz derzeit vielleicht so gut wie noch nie dasteht: dem Schwimmen. Die Teamkollegen Jérémy Desplanches (27) und Noè Ponti (21) holten bei Olympia in Tokio jeweils Bronze. Djakovic selbst ist Junioren-Europameister von 2019, Olympia-Neunter und Kurzbahn-WM-Dritter von 2021, zweimaliger EM-Silber-Gewinner sowie WM-Zehnter. Über sich und seine Schweizer Mitstreiter sagt er: «Wir wollen das Schwimmen in der Schweiz populärer machen.»
So lacht er denn auch nur kurz, wenn man ihn auf seinen Fast-Namensvetter anspricht: Tennis-Star Novak Djokovic. «Natürlich gibt es Sprüche», sagt er. «Aber was bei ihm ein o ist, ist bei mir eben ein a.» Verwandt sei man nicht. Und überhaupt: Während Djokovic Serbe ist, hat Djakovic kroatische Wurzeln. Aber die vermeintlich lustige Diskussion über Namen wird rasch ernsthaft: «Wir haben derzeit eine so gute Generation. Trotzdem wird übers Schwimmen höchstens bei Grossanlässen gesprochen.» Und er ergänzt: «Ich will, dass mich die Leute auf der Strasse erkennen.»
Schliesslich hat der Sohn eines Schwimmers schon viel erreicht. Gegenüber Blick erklärte Djakovic kürzlich, dass er als Kind die Medaillen seines Vaters Goran gesehen und sich geschworen habe: So viele will ich auch. Das hat sich längst erledigt: «Ich habe bereits über 400 Auszeichnungen zu Hause und damit das Vier- oder Fünffache von ihm.»
In Djakovics Karriere spielt(e) Vater Goran auch so eine Hauptrolle. Die Djakovics wohnen in Münchwilen TG, als klar wird: Der hochtalentierte Sohn müsste unbedingt in Uster trainieren. Der dortige SC Uster Wallisellen gilt seit jeher als einer der besten Schwimmclubs der Schweiz, die Infrastruktur mit Halle und Trainern ist hervorragend. Also stieg der 14-jährige Antonio frühmorgens in den Zug, trainierte, ging zur Schule, trainierte wieder – und kam um etwa 21 Uhr wieder nach Hause. Schon bald konnte er nicht mehr. Der Entscheid des Vaters: Er kündigte den Job und zog mit der Familie nach Uster. Ein halbes Jahr war er danach auf Jobsuche. Sechs Jahre ist der Umzug jetzt her.
«Eine Riesenehre»
Mittlerweile chauffiert der Sohn die Familie in seinem Opel Mokka-e «Team Suisse» in der Region herum. Erst Ende letzten Jahres hat Djakovic die Führerscheinprüfung bestanden.
Als Teil des Teams hat er sogleich einen Mokka-e «Team Suisse» erhalten, der sogar mit seiner eigenen eingravierten Unterschrift personalisiert ist – «eine Riesenehre». Und er freut sich derzeit sowieso, hat er ein E-Auto erhalten – «bei diesen Benzinpreisen».
Kein Wunder bei dieser Familiengeschichte, sind die Erfolge von Antonio auch für die Angehörigen emotional. «Damit das klar ist: Ich schwimme schon in erster Linie für mich», sagt der 19-Jährige zwar. Aber wenn die Familie mit dabei ist, freut ihn dies doppelt. An der EM in Rom im August waren alle vor Ort. Beim Junioren-EM-Titel 2019 im russischen Kasan fieberten sie ebenfalls mit: «Da flossen einige Tränen.»
Sollten bei der Familie weitere Tränen fliessen – weil weitere Medaillen folgen –, wird sich Antonio Djakovic bald auch nicht mehr wünschen müssen, dass ihn die Leute auf der Strasse erkennen. Dann wird es zur Selbstverständlichkeit.